600 Fragen zu Mallorca – Das Interview mit dem Autor!
Joan – der Autor – der Reiseführer – der Querdenker
Als Joan am 28.8.1948 in Campos in einem kleinen Haus zur Welt kam, gab es dort keine einzige asphaltierte Straße und fast keine Autos. Dafür umso mehr Pferde, Esel und Windmühlen.
„Es waren mal um die 400 Windmühlen allein hier in der Gegend um Campos“
erinnert sich Joan. Hauptsächlich dienten diese Mühlen dazu Wasser zu pumpen. Da wo heute der kleine Marktplatz im Ortskern ist, war früher der Viehmarkt. Joan wohnte gegenüber vom Hufschmied. Er erzählt mir wie rechts und links der Straße die Pferde standen und auf ihren „Termin beim Hufschmied“ warteten.
„Termine – das war so eine Sache.
Hier hast du dich früher verabredet und es hieß:
<Ich komme morgen. – Gut wann? Vormittags oder nachmittags? Nachmittags! – Okay.>
Und das war dann genug. Das Tempo war ein anderes damals. Unvorstellbar, dass Joans Eltern, wenn sie telefonieren wollen, erst zur Zentrale laufen mussten, um dann dort einen Termin zu vereinbaren, wann sie wieder kommen durften, um beispielsweise die Verwandtschaft in Palma anrufen zu können.
Heute unvorstellbar. Aber Joan hat diese Zeit geliebt.
„Das Leben war so ruhig. Alle hatten ihre Türen offen. Ich erinnere mich noch wie oft ich die Nachbarin rufen hörte: <Ich brauche Petersilie> und schon war sie im Haus und marschierte direkt in die Küche. Holte sich das, was sie brauchte und verschwand. Heute geht das nicht. Heute ist alles verschlossen.“
In den Häusern war vorne der Wohnbereich, hinten die Ställe.
„Wir hatten einen Taubenschlag, einen Schweinestall, Hühner, Ziegen und zu Ostern auch Lämmer. Und der Esel, hatte so einen Gang in der Mitte des Hauses, wo der Boden Rillen hatte, damit er nicht ausrutscht, wenn er einmal quer durch´s Haus lief, um nach getaner Arbeit in seinen Stall zu kommen.“
Wildromantisch hört es sich an, wenn Joan von damals erzählt.
Das das Leben aber auch beschwerlich war und oft kalt, vergesse ich dabei fast.
Trotzdem denkt Joan gerne an seine Kindheit in Campos zurück. Mit 10 Jahren musste er nach Palma ziehen, weil sein Vater dort Arbeit gefunden hatte.
Damals lebten in Palma gerade mal 100.000 Menschen, trotzdem war es dem kleinen Joan viel zu voll.
„Wie klein und verschlafen Palma wirklich war, merkt man daran, dass ich es einmal in die Tageszeitung geschafft habe! Da hatte ich mir als Junge an einem Fensterbrett den Kopf aufgeschlagen und musste genäht werden. Das war am nächsten Tag die Titelgeschichte in der Zeitung – stell dir das mal vor!“
lacht Joan, denn er weiß nur zu gut, dass das Palma von damals hat mit dem, was heute in der Hauptstadt passiert nichts mehr zu tun.
Joan machte die Schule in Palma, fing an Tourismus zu studieren und ging zum Militär.
Dann zog es ihn für ein Jahr nach Deutschland. Erst war er Nachtportier in einem Hotel am Teggernsee. Dort hat es ihm nicht gefallen.
„Vor allem war mir da viel zu viel Schnee.“ erzählt der große, stattliche Mann. Weil er aber Deutsch lernen wollte, ging´s dann nach München. „Schon damals waren die Deutschen die häufigsten Gäste hier auf Mallorca. Deutsch war wichtig.“
Bei Touropa hat Joan in der Mallorca Abteilung gearbeitet und per Telefon die Buchungen der Gäste durchgeführt.
„Das kann sich heute auch keiner mehr vorstellen, wie wir damals gearbeitet haben. Wir hatten ja keine Computer oder Internet. Das ging alles per Hand und Telefon. Das war eine ganz tolle Zeit. Das hat mir viel Spaß gemacht!“
Je mehr wir von Deutschland sprechen, umso mehr deutsche Worte mischt Joan in unser Gespräch.
Dann war er noch zwei Monate in Holland, um holländisch zu lernen. Langsam bekomme ich das Gefühl Joan kann alles.
„Irgendwann hatte ich dann die fixe Idee Tierarzt zu werden. Im Sommer habe ich als Touristenführer gearbeitet und im Winter studiert. Mit 28 hab ich das Studium abgeschlossen und auch ein paar Jahre für eine Gewerkschaft als Tierarzt gearbeitet.“
Da er aber in der Zwischenzeit seine Frau Clementine kennengelernt und mir ihr drei Kinder in vier Jahren bekommen hat, war dieser Job nicht lukrativ genug. Also konzentrierte sich Joan wieder auf den Tourismus. Von 1972 bis 2014 war er Guide. Er hat den Job immer geliebt, dass merke ich während er mir davon erzählt, aber jetzt hat Joan andere Projekt – wichtigere Dinge zu tun!
Er will versuchen seine geliebte Insel Mallorca zu retten!
Das hört sich dramatisch an, aber es sieht wirklich nicht gut aus für diese wunderbare Insel – davon ist Joan überzeugt.
„Wenn wir nicht bald reagieren, dann ist es zu spät. Es gibt da gleich eine ganze Reihe von ernsthaften Problemen: wirtschaftliche, umwelttechnische und soziale. Bei einer Jugendarbeitslosigkeit von über 40% sind große Probleme vorprogrammiert.“
Der vorhin noch charmant, schmunzelnde Mann wird plötzlich deutlich ernsthafter. Es ist ihm eine Herzensangelegenheit auf die Themen hinzuweisen und Menschen zu finden, die ihm bei der Lösung dieser Probleme auch helfen können.
„Was ich mir vorstelle, ist eine soziale Bewegung. Keine Partei oder so. Sondern Menschen mit Ideen wie wir die große Krise abwenden können. Die Deutschen sind da mehr als willkommen. Die haben gute Ideen, von denen können wir viel lernen. Der Mallorquiner ist ja durchaus kreativ, aber er schläft. Er ist so stark von den negativen Nachrichten aus dem Fernsehen und Radio beeinflusst, dass er in eine Art Schock-Starre verfallen ist. Wir müssen alle langsam wach werden.“
Joans Äußerungen klingen deprimierend. Aber er kann sie belegen. Er kennt jede Studie zu Mallorca.
„Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers hat beispielsweise in einem ihrer aktuellen Berichte darauf hingewiesen, dass der Tourismussektor für den Strand – und Sonnentourismus schon in drei Jahren an seine Grenzen stoßen wird und jetzt eigentlich der richtige Zeitpunkt zum Umdenken wäre.“ sagt Joan mit Nachdruck.
Es gibt so viele „Baustellen“ hier. Das jetzt zum Beispiel das letzte Feuchtgebiet Palmas zu gebaut wird, ärgert Joan. Er weiß soviel über diese Insel, dass ihm viel mehr als anderen auffällt, was schief läuft. Einen großen Teil seines Wissens über Mallorca hat er in seinen Büchern veröffentlicht.
Ich habe das Gefühl, ich könnte noch Jahre neben Joan sitzen und es würde definitiv nicht langweilig. Alleine mit seinen Tipps könnte ich meinen Blog für die nächsten Jahrzente füllen. (Wahrscheinlich werde ich das auch!)
Aber irgendwann verabschieden wir uns und er gibt mir noch einen tollen Tipp: die Grotte im Espai C´an Pellisseta.
Ich verabschiede mich von Joan, dem Mann hinter „600 Fragen zu Mallorca“. Und jetzt mehr als jemals zuvor, wird mir klar wie viel Wissen, Herz und Geschichte hinter meinem Lieblingsbuch über Mallorca steckt.
Danke Joan für das tolle Interview!
Und?
Wie hat Dir der Artikel über Joan gefallen?!
Möchtest Du noch mehr von ihm erfahren?
Es gäbe da noch die ein oder andere Geschichte zu erzählen …… oder hast Du deine 600 Fragen zu Mallorca bereits alle beantwortet bekommen?
Liebe Barbara, ganz herzlichen Dank für dieses tolle Interview !!! Seit über 26Jahren besuchen wir diese wunderschöne Insel und verbringen viele Wochen hier, vermehrt seit mein Mann und ich nicht mehr im Berufsleben stehen.
Eine dringende Frage drängt mich: wie kann ich an ein Exemplar des Buches „6oo Fragen zu Mallorca“ kommen ? Habe bereits -zig Buchhandlungen und auch im Netz danach geforscht, doch unter €70,-/100,- ist leider nichts zu finden……. Vielleicht haben SIe ja noch einen Geheimtipp, das wäre wunderbar !
Ganz herzliche Grüße, Kathrin, z.Zt. auf Mallorca
PS: leider sind wir weder über facebook,twitter,instagram, oder Smartphone erreichbar …… very oldfashioned……aber sehr relaxed !
Hallo Kathrin,
erstens .. schön, dass dir das Interview gefallen hat!
Ist schon lange her – gibt heute sicher noch viel mehr zu sagen über die Entwicklung von Mallorca.
Ich fürchte was das Buch angeht, muss ich dich enttäuschen. Es ist wirklich vollkommen vergriffen. Ich werden mal nachfragen, ob es nicht mittlerweile eine Neuauflage gibt. – Ich weiß nämlich, das eine geplant war!
Liebe Grüße
Barbara