Wenn Du a) einen schlechten Orientierungssinn oder b) Platzangst hast, dann fährst du besser nicht zum Markt Sineu. Warum? Na weil…
Der Markt Sineu ist nicht für jeden etwas!
Mitten drin – quasi im Herzen von Mallorca – liegt Sineu. Ein Ort mit Geschichte, ein Ort mit viel Leben. Jeden Mittwoch verwandelt sich diese historisch wichtige Stadt in einen wuseligen Marktplatz. Je nach Wetterlage, drängen sich Massen von Menschen durch die Gässlein.
Mein Besuch auf dem Markt Sineu
Ich bin das erste Mal auf dem Markt Sineu. Die verwinkelten Gassen machen es uns nicht gerade leicht, einen Parkplatz zu finden. Wir biegen unzählige Male ab, landen immer in Straßen, an denen besser niemand parkt.
Nach einer Viertelstunde finden wir eine Lücke. Keine gelbe Linie – nein – gut. Aber wo ist jetzt der Markt? Wir treffen auf viele Menschen, die sich offenbar genau dieselbe Frage stellen, und etwas verloren durch die immer schmaler werdenden Sträßchen irren.
Google-Earth ist heute mal keine Hilfe, die Verbindung ist einfach zu schlecht. Aber gottseidank hat der Herr-Gott uns einen Mund zum Fragen gegeben. Und wer mutig fragt, kommt auch irgendwann an.
Rund um die Kirche – nichts für Orientierungslose!
Es geht rechts und links um die Kirche herum. Überall sind Stände. Ich erfasse die Struktur des Marktes nicht sofort. Doch dann finden wir den großen Marktplatz. Er liegt etwas weiter unten am Berg und bietet vor allem für die Kleinen eine interessante Abwechslung. Der Viehmarkt erinnert ein klein wenig an einen Streichelzoo. Nur dass die Besucher gebeten werden, die Tiere nicht zu füttern.
Anders als der Markt in Santa Maria oder Llucmajor ist Sineu deutlich unübersichtlicher. Dadurch wird der Marktbesuch aber noch mehr zu einer Entdeckertour. Die regelmäßig wiederkehrenden gleichen Angebote der Markthändler fallen deshalb etwas weniger auf.
Kleine Bauern auf dem Markt Sineu
Sineu war vor langer Zeit einmal die Hauptstadt der Insel. 40 Jahre lang immerhin! Schon früh bekam Sineu die Marktrechte verliehen und ist seitdem der größte Bauernmarkt der Insel. Und ja: Es gibt sie noch – die kleinen Bauern, die wirklich nur das vor sich auf dem kleinen Klapptisch ausbreiten, was auf ihrem Land wächst.
Zwei Euro für eine Handvoll Feigen
Als wir uns heute an der kleinen Kirche mit dem Strom treiben lassen, höre ich eine Diskussion zwischen einem Touristen und einem alten mallorquinischen Bauern. Eigentlich ist es keine Diskussion – denn der Alte kann das Geschimpfe des deutschen Hobbyfotografen ohnehin nicht verstehen. Gottseidank. Im Grundsatz geht es darum, dass der Tourist meint, sich aufregen zu müssen, weil der schrumpelige, zahnlose Herr für seine fünf Feigen in der Plastikschale zwei Euro haben will.
„Eine Unverschämtheit“, meint der mit drei Kameras behängte Herr mit den sauteuren Designerschuhen. „Die sind alle sehen auch noch völlig sc*** aus“, pampt er weiter lautstark über den halben Platz.
Mir platzt spontan der Kragen: „Ja – so sehen unbehandelte, natürlich gewachsene Feigen aus, die von einem Baum mit der Hand geerntet wurden. Und nein: Zwei Euro ist nicht zu teuer für die Arbeit dieses Herrn! Wahrscheinlich kommt er auf den Markt, um seine winzige Rente aufzubessern, damit er in diesem Winter seine Heizkosten zahlen kann. Und übrigens: die hässlichen Dinger schmecken köstlich!“
Kaum habe ich ihm das um die Ohren gehauen, bereue ich es auch schon. Ich kaufe demonstrativ Feigen und beiße direkt rein.
Ich hätte nicht übel Lust, meine klebrigen Hände an seinem teuren T-Shirt abzuwischen.
Aber auch das verkneif ich mir.
„Es sind die letzten Feigen in diesem Jahr,“ erklärt mir der Alte, und ich investiere die zwei Euro gerne in die schon leicht matschigen, aber zuckersüßen Früchte. Selbst wenn es zu teuer war – für mich ist das Zahlen eines leicht überhöhten Preises eine andere Form der sozialen Unterstützung. Vielleicht kann sich der Alte ja irgendwann neue Zähne leisten. Ich würde mich für ihn freuen, denn sein Lächeln war auch ohne Zähne schon bezaubernd und mehr als freundlich für jemanden, der wenige Minuten zuvor von einem Vollidioten angebrüllt wurde.
Ist die Welt denn voll mit Idioten?
Ich kaufe ihm auch noch eine Tüte Mandeln ab. „Die hab ich selbst vom Baum geschlagen“ sagt er mir stolz und lächelt wieder zahnlos. Ich stecke mir direkt auch eine Mandel in den Mund, da höre ich, wie jemand sagt: „Auch eine gute Verkaufsstrategie: Einen auf arm machen.“
Wie Leute so vorschnell urteilen können. Und selbst wenn… Wir müssen alle irgendwie überleben und gerade uns – die wir gerade größtenteils teuren Urlaub auf unserer Lieblingsinsel machen – sollte das am wenigsten stören. Finde ich. Und wer es sich wirklich nicht leisten kann – geht halt einfach weiter!
Sollen sie doch an uns verdienen. Wir belagern sie seit Jahrzehnten – klauen ihnen in der Hochsaison ständig Parkplätze vor ihrem eigenen Haus, müllen ihre Strände zu und pinkeln in ihre Gärten. Treiben Preise für Grund und Boden in die Höhe. So what?
Einmal kurz tief durchatmen.
Ich laufe weiter und stehe plötzlich vor einem mächtigen Löwen mit Flügeln. Er steht vor der Pfarrkirche Santa Maria. „Sieben Glocken rufen hier zum Gottesdienst!“ sagt eine alte Dame zu mir, die mich beim Fotos machen beobachtet. „Wer nennen ihn <El León>“ sagt sie dann und deutet auf die Statue. Er steht Wache vor der Kirche und hält das Wappen Sineus in seiner Vorderkralle. „Er soll den heiligen Markus darstellen, den Schutzpatron unseres Dorfes,“ erklärt sie mir.
Manchmal muss ich lachen. Entweder die Menschen fragen mich nach dem Weg – so das ich zum Spaß immer sage: Auf meiner Stirn steht INFOS HIER! Oder sie erzählen mir ungefragt Dinge über Orte oder ihr Leben. Einfach so.
Wir laufen weiter. An der höchsten Erhebung im Ort liegt der alte Königspalast. Heute leben dort Nonnen. Sie leben schon seit 400 Jahren dort. Angeblich muss man den Kreuzgang aus dem 16. Jahrhundert unbedingt angucken, wenn man schon auf dem Markt Sineu ist. Ich verschiebe das auf den nächsten Besuch.
Einkehren auf dem Markt Sineu
Beim Spaziergang durch den Ort fallen mir immer wieder ungewöhnliche Bars, Restaurants und Cafés ins Auge. Auch die Auswahl an Läden verleiht dem Ganzen den typisch mallorquinische Charme.
Ich frage bei mehreren Bars, ob ich mit Elfie rein kommen darf. Viele sagen nein. Aber im Soultapas und dem Cafe Bistro Mara werden wir herzlichst empfangen. Im Cafe Bistro Mara gibt es neben einem zuckersüßen Kellner übrigens auch einen veganen Burger. Aber auch die übrigen Gerichte schmecken allen Anwesenden hervorragend. Simpel, aber gut.
Unterm Strich: Wird es sicher nicht der letzte Besuch auf dem Markt Sineu gewesen sein.
Schließlich gibt es auch hier noch Einiges zu entdecken!
Also mir wäre da auch der Kragen geplatzt…unmöglich, da schämt man sich schon beim Lesen mit!
Man muß ja nichts kaufen, aber das dumme Sprüche klopfen und andere auch noch beleidigen, die sollen doch einfach zuhause in ihrem Kämmerlein bleiben. Grrrrrr
Danke für dein Verständnis Christin ;-)
Ich musste mich echt zurückhalten.
Wie immer schön geschrieben und informativ dazu. Und zum Fremdschämen! Ich hätte die 2 Euro für frische Schrumpelfeigen und ein zahnloses mallorquinisches Lächeln auch mit Freuden investiert! Schmunzeln musste ich bei den „verwickelten“ Gassen,oder doch eher verwinkelten? T9 und seine Vertreter sind mitunter echte Spassvögel. Freu mich auf mehr. Gruss Gabi
Hi Gabi!!!
Ich danke dir! Aufmerksame Leser sind GOLD wert! Der Fehlerteufel wohnt bei mir zur Untermiete .. nerviger kleiner Kerl. Ich muss den Mal rausschmeißen ;-)
Ich freu mich über dein Feedback. Danke, dass du dir die Zeit genommen hast.
:-)
LG
Barbara
Liebe Barbara, für einen Bericht über Sineu bin ich auf deinen tollen Blogtext gestossen, echt schön zu lesen, ach ich wünsche ich könnte für meine Auftraggeber auch mal so schreiben… immer wieder total klasse, deine Berichte zu lesen!
:)
hihihi .. ja. Deshalb schreibe ich einen eigenen Blog, damit ich schreiben kann was ich will ;-)
Freut mich, dass es dir gefällt!
Da könnte ich auch ausrasten. Wenn man bedenkt, wie hoch auch die Arbeitslosigkeit dort ist und jeder sehen muss, wie er über die Runden kommt und schon gar im Winter, wenn touristenmässig nicht viel los ist, dann zahlt man das doch gerne.